
Klettern an der Amalfiküste
21/11/2019Sonne, Meer und Felsen: Wir konnten einfach nicht genug von der Amalfiküste bekommen und so ging es im Herbst bereits zum vierten Mal in Folge dorthin in den Kletterurlaub.
Die Amalfiküste steht für Massentourismus und überfüllte Sehenswürdigkeiten. Nähert man sich den bekannten Küstenstädtchen Amalfi, Positano, Sorrent oder Salerno, dann bestätigt sich die Tatsache zu 100% – leider. Mit Schiffen und Bussen werden die Touristen an und weg und hin und her gekarrt. Die Gassen sind voll. Die kleine, urige Cappouccino-Bar nicht zu finden.
Dafür ist man beim Klettern fast immer alleine am Felsen. Nur selten verirren sich weitere Seilschaften an die rauen Touren.
Anfahrt
Die Anreise aus Bayern ist weit. Für eine Woche zu weit, um ins Auto zu steigen. Der Zug – der wär’s , aber auch damit ist man 2 Tage unterwegs. Bleibt noch das klimaschädliche Flugzeug. Direktflug München – Neapel mit Lufthansa gibt es für ca. 170€ mit 23kg Gepäck. Von Haustür zu Haustür ist man zwar immer noch 9 bis 10 Stunden unterwegs (außer man wohnt am Flughafen). Der Flug dauert 1,5 Stunden. Für die Weiterreise nehmen wir immer einen Mietwagen. Damit geht es nochmal – je nach Verkehr 90 bis 120 Minuten weiter Richtung Positano.
Stützpunkt
Als Stützpunkt hat sich Montepertuso bewährt. Von hier aus kann man sehr viele Klettergärten zu Fuß erreichen. Autofahren macht nämlich an der Amalfiküste keinen Spaß! Parkplätze gibt es so gut wie keine. Die Straßen sind dauerhaft zugeparkt und Parkplätze für Anwohner reserviert. Wir haben immer zwischen Montepertuso und Nocelle an der Straße geparkt.
Unterkunft
Wir übernachten immer im Agritourismo l’ Associazione La Selva. Die Unterkunft ist ein zauberhafter Ort – ein absolutes Lieblingsplatzerl mit Blick über die Küstenlinie bis Capri. Sie liegt im Steilhang zwischen Positano und Montepertuso und ist nur zu Fuß über viele Treppen erreichbar. Man wohnt in einfachen, aber schönen Zimmern inmitten der Olivenhaine, aus denen sensationelles Olivenöl gewonnen wird, das man beim Abendmenü genießen kann, wenn Christiano und Antonino den Kochlöffel schwingen.
Leider ist das nicht jeden Abend der Fall. Die Outdoorküche, die wir die früheren Jahre benutzen konnten, gibt es leider auch nicht mehr. Ein einfaches Frühstück mit Marmelade, Brot, Müsli und Früchten wird dagegen immer angeboten.
Der Tag beginnt mit dem Blick auf das Meer und er endet mit dem Blick über das Meer.
Klettergebiete
Die Klettergebiete der Amalfiküste sind klein, dafür sind es viele. Es gibt in den Gebieten immer einige, aber leider oft wenige leichte Touren, beginnend bei 5c oder 6a – aber immerhin. Die Masse der Routen bewegt sich dann im Franzosen-7er. Franzosen-8er sind auch wenige zu holen.
Von unserer Unterkunft aus lässt sich alles bequem zu Fuß erreichen. Das spart deutlich Nerven.
Da die Gebiete alle auf Meereshöhe liegen, sollte man immer den Zustand der Haken im Auge haben. Viele Routen sind oder werden saniert. Sehr viele wurden erst in den letzten 5 Jahren erschlossen.
Speckigen Fels findet man so gut wie keinen. Die Kletterei spielt sich mit Ausnahme von Sintertouren meist an kleingriffiger Wandkletterei an rauem, oft scharfkantigem Fels ab. Fast alle Felsen sind nach Süden ausgerichtet und bekommen sehr viel Sonne. Wir waren bisher immer im Herbst dort klettern, von Ende Oktober bis Anfang November. Da waren die Temperaturen perfekt.
Klettergarten La Selva: Die Hauswand
Übernachtet man im La Selva, braucht man ca. 45 Sekunden zur Hauswand. Hier gibt es etliche leichte Routen (5c, 6a, 6a+, 6b) einige 6c und 7a. La Selva bietet schöne Wandkletterei an scharfen Leisten, Kanten und Tropflöchern. Besonders lohnend: Barbalbero, 6b+, 33m, nach Sanierung in einer Länge kletterbar. Die Standardaufwärmroute heißt La Normale, mittlerweile auch saniert.
Klettergarten Mirabella
Nur 10 Minuten geht man Richtung Positano zum Klettergarten in einer riesigen Wand, in der es neben der Wandkletterei auch steile Touren in der Grotte gibt. Mirabella hat auch Mehrseillängentouren (4-5 Längen) zu bieten.
Klettergarten Atlantide

Der Klettergarten ist am rechten Ende der Felsen
Ein Klettergarten in einem tollen, einzigartigen Ambiente. Dafür sind die Touren eher kurz bis 20 Meter und Einzelstellenlastig. Der Ausblick und der Zustieg sind jedoch sehr sehenswert.
Klettergarten Sentiero degli dei (“Götterwand”)

Black Athena 6c – ein Must do – mit sensationeller Kulisse auf das Meer
Der Klettergarten befindet sich direkt fast mittig auf dem berühmten Weg der Götter. Auf dem Weg ist man nie wirklich allein, am Felsen schon. Man wird von dem einen oder anderen Wanderer bestaunt und ist zu 100% Fotomotiv der Wanderer. Hier gibt es von schöner Wandkletterei bis zu steilen Sintern alles.
Von Montepertuso wandert man nach Novelle und dann noch einige Kilometer auf dem Weg der Götter. Die Wand kann ein Kletterer nicht verfehlen, der Zustieg dauert rund 1,5 Stunden. Dafür hat man schon eine schöne Wanderung gemacht und kann im Abendlicht die untergehende Sonne über Capri bewundern. Da es kein Topo im Kletterbuch gibt, hier eine Internetadresse mit Topo.
Eine schöne Aufwärmtour ist Limone 5c, super 6b+ ist die Ulisse, Nettuno und Poseidon 6b(+) sind ebenfalls sehr empfehlenswert. Bei den schweren Touren haben wir uns bislang nur in der Perseo getummelt und kurz die Achille versucht. Hier ist der Lack sehr schnell ab. Deswegen macht das Spulen der leichteren Touren mehr Spaß.
Erschlossen würde die Wand 2016/2017 mit Raumer A4-Stahl (316L) Klebe- und Expansionhaken.
Klettergarten Scalodromo
Mit einer kleinen Wanderung ist auch der Klettergarten Scolodromo verbunden. Er liegt auf einem schmalen Felsband. Hier befinden sich zwar wenige Touren, die aber durchaus lohnenswert sind:
Mane a cuppetell 5c ***** Sterne Aufwärmtour
Ne troppo amore 6a+ **** steil, großgriffig – macht Spaß
Ne troppo dolce 6a+ **** ähnlich steil an Sintern und großen Löchern
Le cremina die Tonino 6b+ – sehr schöne Route mit Schlüsselstelle am vorletzten Haken
Caffe sabbaudo * – nicht lohnenswert
Caffe Professor – oben schwer
Der Klettergarten ist fast durchgehend mit Raumer A2 – Stahl Klebehaken und Ketten ausgestattet.
Klettergarten Capo d’Orso
Spaßklettern pur – bis der Lack ab ist, die Arme dicht sind oder Petrus das Licht ausschaltet.
Dieses Jahr sind wir dann doch auch einmal ins Auto gestiegen um zum Klettergarten Capo d’Orso zu gelangen. Er liegt 30 km von Positano entfernt – Fahrzeit 75 bis 90 Minuten – echt! Aber die Fahrt hat sich gelohnt.
Das Gebiet bietet tolle steile und griffige Henkeltouren. Eine besser als die andere. Und lang sind die Touren auch. Die Location ist ebenfalls sehr fein. Leider ist die Anfahrt im Kletterführer falsch beschrieben. Man parkt nicht direkt vor dem Restaurant, sondern bereits 700 Meter davor. Hier ist auch ein deutlicher Parkplatz für 6 bis 7 Autos. Ein Wegweiser zum Sentiero Telegrapho weist den Weg.
Die Touren am Capo d´Orso sind durchgehend mit Raumer A2- Stahl Klebe- und Expansionhaken eingerichtet.