Test Kletterseil – Petzl Volta 9.2

Test Kletterseil – Petzl Volta 9.2

15/02/2020 Aus Von Martin Wagner

Petzl ist vor allem durch die hochqualitative Hardware bekannt. Das beliebte GRIGRI Sicherungsgerät oder die SPIRIT Expressschlingen sind längst bewährte Klassiker. Mit dem VOLTA 9.2 stellt Petzl ein passendes Kletterseil bereit. Das Seil hat ebenfalls Potential zum Klassiker und spielt in Sachen Leistung definitiv in vorderster Front mit den Wettbewerbsprodukten mit. Dabei gelingt Petzl der Spagat zwischen geringem Gewicht und hoher Flexibilität sowie Robustheit und Langlebigkeit. Das VOLTA muss dabei keinerlei Kompromiss eingehen. Durch die 3-fach Zertifizierung (Einfachseil, Zwillingsseil und Halbseil) weitet sich das Einsatzgebiet auf fast alle Spielarten des Bergsports aus. Somit ist das Petzl VOLTA nicht nur ein Hochleistungsseil, sondern auch flexibler Allrounder für alle Zwecke.

 

 

Extremtest in extremen Bedingungen

Um das Seil auf Herz und Nieren zu testen, haben wir es den extremen Bedingungen des Sportkletterns ausgesetzt. Besonderes Augenmerk haben wir dabei auf Handling beim Sichern und Klettern, das Verhalten bei Stürzen und beim Ausbouldern von Routen, sowie die Haltbarkeit und Langlebigkeit gelegt. Das Seil wurde über lange Ausdauerrouten gezogen, über abgeschliffene Exen gequält und zwangsläufig auch Feuchtigkeit und Schmutz ausgesetzt. Überzeugt hat das Seil dabei über die komplette Lebenszeit in allen Kategorien.

 

Handling im ersten Eindruck

Das VOLTA fällt zuerst durch die knallige orange Farbe auf, also eine gute Wahl für Kletterfotos. Viel wichtiger als die Farbe (gibt es nämlich auch in Grau) ist aber die Oberfläche und die Flexibilität des Seils. Die „Duratec Dry-Imprägnierung schützt vor Wasser-, Schmutz- und Abrieb. Dadurch kommt das mit 9,2mm Durchmessern relativ dünne Seil auch geschmeidig und glatt daher. Beim Auspacken fällt die „ClimbReady-Technologie” positiv auf. Das Seil wurde so aufgewickelt, dass nervige Krangel und Knotengewirre beim ersten Gebrauch ausbleiben. In der ersten Route durfte das getestete Seil in der 80m-Ausführung sofort auf ganzer Länge zeigen, was es kann. Geschmeidig läuft es dank der Imprägnierung durch die Zwischensicherungen und trotz einiger Umlenkungen ist kaum Seilreibung zu spüren. Als ich nach 40m Kletterlänge den Umlenker einhänge, muss ich kaum am Seil ziehen. Die Geschmeidigkeit und das geringe Seilgewicht machen sich hier deutlich bemerkbar. Beim Sichern läuft das Seil erstaunlich leicht durch das Sicherungsgerät, trotzdem behält man das Seil sicher im Griff. Beim ersten Abseilen des Kletterers fällt auf, dass das Seil durch das GRIGRI 2 ein paar wenige Zentimeter langsam durchrutscht. Nach der zweiten Route ist dieser Effekt aber schon weg und auch ein Probesturz mit wenig ausgegebenem Seil wurde sicher und ohne Gefahr gehalten. Weitere Ausstattungen wie die gut sichtbare Seilmittelmarkierung machen das Seilhandling in langen Routen sicherer und komfortabler. Der obligatorische Knoten am Ende sollte trotzdem nie fehlen. Das „UltraSonic Finish”, also der Verbund von Kern und Mantel an den Enden mit Hilfe einer Ultraschallbeschichtung, macht die Seilenden stabil und das Seil platzt nicht auf, sobald es mal auf den Boden peitscht.

Der erste Eindruck: ein leichtes und sehr geschmeidiges Seil mit hervorragendem Handling beim Sichern und Klettern.

 

Handling auf lange Sicht

Viel wichtiger als der Eindruck in den allerersten Routen ist, wie sich das Seil über die Zeit und nach längerem Gebrauch verhält. Also haben wir das Seil gnadenlos in allen üblichen Klettersituationen gequält: Ausbouldern von Routen mit kurzen harten Stürzen, Durchstiegsversuche mit langen Stürzen, komplizierte Seilverläufe um Kanten und Ecken, sowie Topropeklettern, um steile Routen abzubauen. Außerdem setzten wir das Seil scharfkantigen Karabinern, sowie Nässe und Verschmutzung aus. Beim Ausbouldern im oberen Teil von längeren Routen fiel sehr positiv auf, dass sich die Seildehnung in Grenzen hält. Man kann sich ohne Probleme wieder zurück, nah an die Zwischensicherung, ziehen. Andere Seile sind hier deutlich weicher und gummiartiger, was in diesem Fall störend und kraftraubend wäre. Bei weiten Stürzen ist das Seil dynamisch genug, ohne unangenehm hart in die Wand zu krachen. Auch auf längere Sicht verändert sich das Seil diesbezüglich nicht. Beim Topropeklettern – speziell von langen Routen – fällt ebenfalls auf, dass sich das Seil nicht unangenehm dehnt. Gerade auf den ersten Metern von langen Topropetouren muss man also keine Angst vor Bodenstürzen haben. Auch nach langem Gebrauch bleibt das Seil Dank der „EverFlex-Veredelung” dauerhaft geschmeidig und wird nicht steif.

Nach einem überraschenden Regenschauer wurde das Seil nass und stellenweise stark verschmutzt. Dank der Imprägnierung konnten wir aber schon nach kurzer Zeit ungehindert weiterklettern. Der Matsch ließ sich einfach abwischen und die Feuchtigkeit blieb außerhalb und trocknete schnell ab. Auch der häufig sehr staubige Untergrund in anderen Klettergebieten schadete dem Seil nicht groß und ließ sich einfach abklopfen. Dem Einsatz in alpinem Gelände oder auf dem Gletscher steht also nichts im Wege. Trotzdem ist eine Seilplane beim Sportklettern natürlich immer empfehlenswert.

 

Haltbarkeit und Langlebigkeit

Nach einigen Wochen intensivem Gebrauch in Kalymnos, Mišja peč, und den Tiroler Alpen, sieht man erste Verschleißerscheinungen. Allerdings bleibt das Seil trotzdem geschmeidig und stabil. Vor allem das Ausbouldern an scharfkantigen Zwischensicherungen oder kurze harte Stürze greifen den Mantel an den ersten Metern deutlich an. Das VOLTA wird zwar etwas pelzig, jedoch ist das Seil mit dem 42% Mantelanteil noch nicht durchgerieben. Ein Abschneiden der Enden ist noch nicht notwendig, während ich andere Seile nach vergleichbaren Belastungen schon 1-2 Mal um einige Meter kürzen musste. Obwohl der Mantel ein baldiges Abschneiden ankündigte, musste ich das VOLTA erstaunlicherweise erst deutlich später kürzen. Der Mantel blieb lange Zeit schützend intakt. Nach dem Abschneiden der Enden war das Seil wieder so, wie nach nur kurzem Gebrauch. Nach einem Jahr, 3-4 intensive Kletterurlauben und regelmäßigem Klettern 2-3 Mal die Woche, zeigt sich das Seil schon stark abgenutzt. Die Farbe ist ausgeblichen, der Mantel ist etwas pelziger geworden und die Enden wurden das ein oder andere Mal gekürzt. Dennoch bleibt das Seil geschmeidig und flexibel in der Handhabung beim Sichern und Klettern. Mantelverschiebungen, Beulen oder Mantelrisse blieben aus und das Seil bleibt weiterhin im Einsatz, etwas kürzer und weniger leuchtend. Andere Seile wurden nach ähnlichem Gebrauch bereits aussortiert.

 

Fazit

Das Volta 9.2mm zeigt sich über die gesamte Lebensdauer flexibel und stabil. Der Seilaufbau sowie die Imprägnierung machen das Seil langlebig und robust. Trotzdem eignet sich das Seil sehr gut auch für schwere lange Routen, wo das niedrige Gewicht und der geringe Seildurchmesser zum Tragen kommt. Der stabile Mantelaufbau hält harten Stürzen und intensivem Ausbouldern stand. Stürze werden sanft gefangen, ohne, dass sich das Seil unangenehm dehnt und federt.

 

 

Technische Spezifikationen

  • Durchmesser : 9,2 mm
  • Seiltyp : (CE EN 892, UIAA): entspricht mehreren Seiltypen – Einfach-, Halb- und Zwillingsseil
  • Gewicht pro Meter : 55 g
  • Mantelanteil : 42 %
  • Stürze mit Sturzfaktor 1,77 : 6 (Einfachseil), > 20 (Halbseil), > 30 (Zwillingsseil)
  • Statische Dehnung : 7,5 % (Einfachseil), 7,5 % (Halbseil), 6 % (Zwillingsseil)
  • Dynamische Dehnung : 33 % (Einfachseil), 30 % (Halbseil), 26 % (Zwillingsseil)
  • Fangstoß : 8,6 kN (Einfachseil), 6,8 kN (Halbseil), 10,5 kN (Zwillingsseil)
  • Konstruktion : 40-fach hohlgeflochten
  • Material : Polyamid

Leistungsverzeichnis

  • Ultraleichtes Seil mit geringem Durchmesser für Topkletterer:
    – optimal für Sicherungsgeräte geeignet
    – entspricht mehreren Seiltypen und kann als Einfach-, Halb- oder Zwillingsseil verwendet werden
    – Anwendung in Fels, Mixed, Schnee oder Eis
  • Hohe Lebensdauer und einfaches Handling bei allen Bedingungen:
    – Duratec Dry-Imprägnierung: Die wasserabweisende Imprägnierung erhöht die Wasser-, Schmutz- und Abriebresistenz. Gutes Handling, Griffigkeit und Leistungsmerkmale des Kletterseils bleiben bei Kälte und Nässe länger erhalten.
    – UltraSonic Finish: Kern und Mantel werden an den Enden mittels Ultraschallbeschichtung fest miteinander verbunden. Das UltraSonic Finish erhöht die Haltbarkeit und verhindert ein Aufplatzen des Seilendes.
    – ClimbReady-Technologie für einsatzbereite Seile: verhindert Fehler beim Abwickeln durch den Anwender und erhöht die Lebensdauer.
  • Effizientes Sichern:
    – Middle Mark-Markierung: Kennzeichnung der Seilmitte zur Vereinfachung der Seilmanöver.
    – EverFlex-Veredelung: spezielle thermische Veredelung, stabilisiert die Fäden und macht das Seil einheitlicher.

Quellen: https://m.petzl.com/CH/de/Sport/Seile/VOLTA-9-2-mm